Warum IT-Security 2025 anders ist als je zuvor

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Steffen Berkner

Neue Dimension der Cyberbedrohung in 2025#

Im Jahr 2025 erleben Unternehmen eine neue Dimension der Cyberbedrohung. Cyberangriffe sind zahlenmäßig und qualitativ eskaliert – allein 2024 stieg die Zahl der weltweiten Attacken um rund 45 % gegenüber dem Vorjahr . Verantwortlich dafür sind vor allem künstliche Intelligenz (KI) und ausgeklügelte Automatisierungstechniken, die Angreifern völlig neue Möglichkeiten bieten. Cyberkriminelle nutzen KI, um Schwachstellen schneller aufzuspüren, Sicherheitsmechanismen zu umgehen und Angriffe zu skalieren. Die Frage ist nicht mehr, ob ein Unternehmen angegriffen wird – sondern wann und wie oft. Traditionelle Schutzmaßnahmen stoßen hier an ihre Grenzen.

🚨 „Die Bedrohungslage hat sich dramatisch verschoben: Angreifer arbeiten hochautomatisiert. Manuelle Abwehrprozesse reichen nicht mehr aus.“

Infolgedessen steht die IT-Sicherheit 2025 vor einem Paradigmenwechsel. Automatisierung auf Seiten der Verteidiger wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor, um mit der Geschwindigkeit und Raffinesse moderner Angriffe Schritt zu halten. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die drei prägenden Bedrohungstrends des Jahres 2025 und wie Unternehmen darauf reagieren müssen.

Die neuen Bedrohungen 2025: Cyberangriffe mit KI & Automatisierung#

KI-gestützte Cyberangriffe#

Hacker setzen verstärkt auf generative KI, um ihre Angriffe effizienter und gefährlicher zu machen. KI-Algorithmen können beispielsweise automatisiert Software-Code analysieren und Schwachstellen identifizieren . So lassen sich Exploits (Angriffscode) in Minuten generieren, wofür menschliche Hacker früher Wochen gebraucht hätten. Zudem analysiert KI Abwehrmechanismen in Echtzeit und passt Angriffsstrategien dynamisch an, um etwa Firewalls und Erkennungssysteme zu umgehen . Dadurch werden Attacken nicht nur häufiger, sondern auch raffinierter und schwerer abzuwehren.

Ein besonders perfider Trend sind Deepfake-Angriffe. Dabei generiert KI täuschend echte Stimmen oder Videos, um beispielsweise CEO-Fraud zu begehen – also Mitarbeiter zur Überweisung großer Summen zu verleiten. Laut Europol werden Deepfakes bereits genutzt, um in Betrugsanrufen die Stimme von CEOs zu imitieren, und diese Methode breitet sich weiter aus . Beispiel: Anfang 2024 wurde der britische Konzern Arup durch einen Deepfake-Videoanruf um 25 Millionen US-Dollar gebracht – Betrüger hatten den CFO des Unternehmens virtuell nachgeahmt und so einen Mitarbeiter getäuscht . Solche Vorfälle zeigen, dass KI-basierte Social-Engineering-Angriffe inzwischen Realität sind. KI kann zudem hochgradig personalisierte Phishing-Mails erstellen, die von echten Nachrichten kaum mehr zu unterscheiden sind . Phishing-Kampagnen werden so zielgenau auf einzelne Empfänger zugeschnitten, was die Erfolgsquote der Angreifer massiv erhöht.

Zero-Day-Exploits als Service#

Eine weitere gefährliche Entwicklung ist der Handel mit Zero-Day-Exploits – also Ausnutzung völlig unbekannter Sicherheitslücken – als Dienstleistung. Im Cyber-Untergrund werden Sicherheitslücken systematisch ge- und verkauft, lange bevor Hersteller einen Patch bereitstellen können. Professionelle Hackergruppen bieten Abonnements für Exploit-Pakete an. So zeigte eine Analyse, dass spezialisierte Broker jährlich Dutzende Zero-Day-Lücken für Millionenbeträge anbieten: Ein Anbieter verkaufte z.B. 25 bisher unbekannte Exploits pro Jahr für 2,5 Millionen US-Dollar . Solche Summen verdeutlichen, wie lukrativ der Schwarzmarkt für Schwachstellen geworden ist und dass mittlerweile nicht nur Geheimdienste, sondern auch kriminelle Netzwerke zu den Kunden zählen .

Für Unternehmen bedeutet das akute Gefahr. Zero-Day-Lücken lassen sich nicht präventiv schließen, da sie bis zum ersten Angriff unbekannt sind. Angriffe aus dem Nichts ohne verfügbare Updates sind daher 2025 an der Tagesordnung. Zwar stammen die meisten erfolgreichen Attacken noch immer von bekannten Lücken – 2024 nutzten 96 % der Exploits Schwachstellen, für die bereits Updates existierten  – doch zeigt gerade diese Zahl das Dilemma: Viele Firmen schaffen es nicht einmal, bekannte Sicherheitsupdates schnell genug einzuspielen. Bei Zero-Days besteht erst recht kaum Chance, sich rechtzeitig zu schützen. Sicherheits-Patches alleine reichen nicht mehr aus – Unternehmen brauchen aktive Bedrohungserkennung und KI-gestütztes Patch-Management, das Schwachstellen priorisiert und notfalls Workarounds implementiert, bevor offizielle Updates verfügbar sind.

Automatisierte Malware & Ransomware-as-a-Service#

Illustration: Autonome Botnets und Malware – der “Raptor Train” Botnet-Zug symbolisiert die automatisierte Ausbreitung von Schadsoftware  .

Cyberangriffe erfolgen 2025 zunehmend vollautomatisiert. Insbesondere Ransomware-Angriffe – das Verschlüsseln von Unternehmensdaten mit Lösegeldforderung – laufen heute oft ohne direktes menschliches Zutun ab. Viele Hackergruppen operieren nach dem Ransomware-as-a-Service (RaaS)-Modell: Sie stellen fertige Angriffspakete bereit, die Partner oder KI-gesteuerte Prozesse einsetzen können. Moderne Schadsoftware wie Botnets breitet sich eigenständig aus, passt sich in Echtzeit an Sicherheitsmaßnahmen an und erkennt etwa, wenn sie in einer isolierten Testumgebung (Sandbox) läuft, um ihre Aktivitäten zu verbergen. Große Botnetze kapern inzwischen nicht nur PCs, sondern millionenfach auch unsichere IoT-Geräte wie Router, Kameras oder Sensoren, um sie in Angriffe einzuspannen  . Ein aktuelles Beispiel ist das Raptor Train-Botnet, das über 200.000 Geräte – vorwiegend IoT-Systeme – kompromittiert hat, um damit gewaltige DDoS-Attacken zu ermöglichen . Solche Netzwerke werden teils von staatlich gesteuerten Akteuren betrieben und sind hochgradig resilient und schwer zu zerschlagen.

Auch die Erpressungsphase der Ransomware-Angriffe wird automatisiert: Einige Ransomware-Gangs setzen inzwischen KI-Chatbots ein, um mit ihren Opfern zu verhandeln. So wurde kürzlich bekannt, dass die Gruppe Global Group Opfer in einen Chat mit einem KI-Bot schickt, der selbständig Drohungen ausspricht, Fristen setzt und Lösegeldsummen dynamisch erhöht . Menschliche Hintermänner überwachen nur noch den Prozess und greifen bei Bedarf ein . Diese Automatisierung erhöht den Druck auf Opfer und erlaubt es den Angreifern, rund um die Uhr Verhandlungen zu führen, ohne Personal zu binden. Kurz gesagt: Traditionelle Abwehrmaßnahmen wie Firewalls oder Signatur-basierte Virenscanner greifen ins Leere, wenn Malware flexibel ihr Verhalten ändert und Angriffe vollautomatisch ablaufen. Unternehmen benötigen adaptive Sicherheitsmechanismen, die ungewöhnliche Vorgänge erkennen (anomaliebasierte Erkennung, KI) und im Ernstfall schnell isolieren.

Automatisierte Sicherheitsmaßnahmen: Wie Unternehmen reagieren müssen#

Angesichts dieser Bedrohungslage führt an einer Automatisierung der IT-Security kein Weg vorbei. Sicherheitsteams müssen schneller, intelligenter und proaktiver agieren – was nur mit Hilfe von KI und konsequent neuen Konzepten gelingen kann. Im Kern geht es um zwei Ansätze: Zero Trust und DevSecOps.

Zero Trust & kontinuierliche Authentifizierung

Eine zentrale Antwort heißt Zero Trust. Dieses Sicherheitsmodell folgt dem Grundsatz: „Vertraue nichts und niemandem per se, prüfe jede Anfrage.“ Anstatt auf traditionelle Perimeter-Sicherheit (Firmenfirewall vs. Außenwelt) zu setzen, werden bei Zero Trust für jeden Zugriff die Identität und Berechtigung des Users und Geräts in Echtzeit überprüft . Jede Ressourcennutzung erfordert eine frische Authentifizierung und Autorisierung, egal ob der Zugriff von innerhalb oder außerhalb des Netzwerks erfolgt .

Konkret zeichnet sich Zero-Trust-Sicherheit durch folgende Maßnahmen aus:

  • Strikte Identitätsprüfung: Benutzer müssen sich ständig verifizieren (z.B. durch MFA), und Geräte werden auf Vertrauenswürdigkeit geprüft. Der Zugriff wird dynamisch und kontextabhängig gewährt – unter Berücksichtigung von Nutzerrolle, Standort, Gerätesicherheit etc. .
  • Least Privilege-Prinzip: Jeder Nutzer und jedes System bekommt nur die minimal nötigen Rechte, und diese werden laufend angepasst. Zugriff auf Ressourcen wird bei geringstem Zweifel entzogen. Berechtigungen sind zeitlich begrenzt und werden automatisch widerrufen, wenn z.B. eine Anomalie erkannt wird.
  • Mikro-Segmentierung: Das Netzwerk wird in viele kleine Segmente unterteilt, die voneinander isoliert sind. Selbst wenn ein Angreifer in ein Segment eindringt, kann er sich nicht lateral weiterbewegen. Dienste kommunizieren nur über streng kontrollierte Schnittstellen, was eine unbemerkte Ausbreitung von Malware verhindert.

Der Branchenstandard für Zero Trust wurde von Google mit dem BeyondCorp-Framework gesetzt – intern arbeitet Google schon seit Jahren komplett ohne klassisches VPN, stattdessen mit kontextbasierter kontinuierlicher Authentifizierung für jeden Zugriff . Zahlreiche Unternehmen orientieren sich an diesem Modell. Auch Lösungen von Anbietern wie Okta oder Zscaler implementieren Zero-Trust-Konzepte und erlauben es, die eigenen Mitarbeiter, Geräte und Dienste fein granular abzusichern. Kurz gesagt: Zero Trust ist vom Buzzword zur Notwendigkeit gereift. Ohne dieses Modell der „integrierten Misstrauenskultur“ lassen sich die heutigen, hochdynamischen Angriffe kaum mehr einhegen.

Security Automation in DevOps (DevSecOps)

Die zweite wichtige Säule ist die Automatisierung der Sicherheit in der Software- und IT-Betriebs-Pipeline, kurz DevSecOps. Dabei wird Sicherheit von Anfang an in die Entwicklungsprozesse integriert und weitgehend durch Tools erledigt, anstatt erst am Ende „aufgepfropft“ zu werden. Wesentliche Elemente sind:

  • Security-as-Code: Sicherheitsprüfungen werden als Code in die CI/CD-Pipeline eingebaut. Bei jedem Code-Commit und jedem Build laufen automatisierte Scans auf Schwachstellen, unsichere Abhängigkeiten, Fehlkonfigurationen etc. Moderne Plattformen wie GitHub Advanced Security ermöglichen es, Schwachstellen in Code bereits in Echtzeit beim Programmieren zu erkennen und sogar automatisierte Fixes vorzuschlagen . KI-gestützte Assistenten (etwa GitHub Copilot) können Entwicklern direkt sichere Code-Alternativen anbieten , was die Anzahl der Sicherheitslücken drastisch reduziert.
  • Automatisierte Patches & Updates: Mithilfe von KI lassen sich bekannte Schwachstellen priorisieren und teils automatisch beheben. Einige Systeme können Updates einspielen oder Konfigurationen ändern, sobald ein neues Exploit auftaucht – ohne auf manuellen Input zu warten. So werden die Reaktionszeiten verkürzt, und „Patch Tuesday“ reicht nicht mehr – ein kontinuierliches Patch-Management wird etabliert.
  • Kontinuierliches Testing & Attack Simulations: Sicherheitsteams setzen vermehrt auf automatisierte Penetrationstests und Simulationen von Angriffen in der laufenden Umgebung. Spezielle Security-Bots oder sogenannte Breach-and-Attack-Simulation-Tools führen permanent ungefährliche Testangriffe durch, um die Wirksamkeit der Abwehr zu prüfen. So entdeckt man Schwachstellen, bevor echte Angreifer sie finden, und kann Abwehrmaßnahmen laufend anpassen. Beispielsweise gibt es Tools, die spontan Phishing-Mails generieren oder Malware im Sandkasten laufen lassen, um zu checken, ob die eigenen Filter greifen.

Ein praktisches Beispiel für DevSecOps in Aktion: Die GitHub-Plattform bietet integrierte Code-Scanning-Tools (CodeQL), die bei jedem Push automatisch nach gängigen Verwundbarkeiten suchen. Findet das System z.B. eine SQL-Injection-Lücke oder eine unsichere Verwendung von Bibliotheken, bekommen Entwickler in der Pull-Request direkt einen Hinweis sowie Vorschläge zur Behebung. Sicherheit wird damit Teil der Entwickler-Workflows, was Fehler früh eliminiert und die Zeit bis zur Fehlerbehebung verkürzt. Das entlastet auch Security-Teams, die sich auf komplexere Angriffe konzentrieren können, während einfache Issues automatisch erkannt und gefixt werden.

Fazit: Ohne Automatisierung geht es nicht mehr#

Die IT-Sicherheit im Jahr 2025 steht an einem Wendepunkt. Angreifer rüsten mit KI und Automatisierung massiv auf – die Verteidiger müssen nachziehen. Unternehmen, die weiterhin auf rein manuelle, reaktive Schutzkonzepte setzen, werden zwangsläufig ins Hintertreffen geraten. Die hier skizzierten neuen Bedrohungen machen deutlich, dass Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Intelligenz der Attacken zugenommen haben. Dem kann nur mit ebenso schnellen und intelligenten Abwehrmaßnahmen begegnet werden.

Zum Abschluss einige Handlungsempfehlungen für Unternehmen, um sich in dieser neuen Lage zu behaupten:

  • KI-basierte Threat Detection einführen: Setzen Sie auf KI-gestützte Sicherheitslösungen (z.B. Anomalieerkennungstools wie Darktrace oder cloudbasierte Dienste wie Microsoft Sentinel), die ungewöhnliches Verhalten frühzeitig erkennen. Solche Systeme lernen das „normale“ Verhalten im Netzwerk und schlagen Alarm, wenn Abweichungen auftreten – viel früher als es menschliche Analysten könnten.
  • Zero-Trust-Architektur umsetzen: Beginnen Sie damit, klassische Vertrauensmodelle abzulösen. Implementieren Sie Lösungen nach dem Zero-Trust-Prinzip (Google BeyondCorp, Okta, Zscaler etc.), die jede Zugriffsanfrage verifizieren. Schaffen Sie Mikrosegmentierung in Ihrem Netzwerk und sichern Sie alle Endpunkte ab, inklusive mobiler Geräte und IoT-Komponenten.
  • Security Automation in DevOps integrieren: Bauen Sie Ihre Entwicklungspipeline auf „DevSecOps“ um. Nutzen Sie Tools wie GitHub Advanced Security, GitLab Security oder Snyk, um Code kontinuierlich zu scannen. Automatisieren Sie Schwachstellen-Management und stellen Sie sicher, dass Sicherheitsupdates ohne Verzögerung verteilt werden. Führen Sie regelmäßige automatische Pentests durch (Breach-and-Attack-Simulation), um die Wirksamkeit Ihrer Maßnahmen zu prüfen.

Am Ende gilt: IT-Security 2025 erfordert einen Mix aus smarter Technologie und angepassten Prozessen. Unternehmen, die jetzt in KI und Automatisierung investieren, stärken ihre Resilienz gegen die neuen Angriffe. Die Devise lautet „Automate or Die“ – wer mithalten will, muss Sicherheitsfunktionen intelligent automatisieren. Die gute Nachricht: Die benötigten Werkzeuge und Konzepte sind vorhanden. Jetzt kommt es darauf an, sie konsequent anzuwenden, damit die eigenen Abwehrkräfte dem innovativen Angriffstempo standhalten können.

Nur durch Automation und Vorausdenken kann IT-Security wieder vom Getriebenen zum Gestalter werden. Schöpfen wir diese Chancen aus – die Sicherheit unserer digitalen Zukunft hängt davon ab.

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